Stein des Weisen. Oder das Puzzleprinzip
Fotos: www.berndgrundmann.com, Véronique Hoegger
Das Ziel war ein ganz anderes. Nämlich das Überleben. Dass Andreas Caminada nur acht Jahre nach der Eröffnung des Schloss Schauenstein zur Weltelite der Gourmetküche zählen wird, stand 2003 definitiv nicht in seinem Konzept. Als er mit seiner damaligen Partnerin die Pacht des 750 Jahre alten renovierten Schlosses unterhalb des Piz Beverin in der Nähe von Chur übernimmt, sind seine Vorstellungen ähnlich hoch angesetzt, wie die Anzahl seiner gesamten Mitarbeiter. Die beträgt damals gerade vier – für das Restaurant und das angeschlossene Hotel mit sechs Zimmern. "Einen Michelin-Stern und 17 Punkte, das habe ich mir vorstellen können. Aber eigentlich war das Ziel, dass ich positiv bilanziere und dem Gast ein besonderes Gesamterlebnis bieten kann." Dieses Erlebnis ist mittlerweile mit drei Michelin-Sternen und 19 Punkten im Gault Millau bewertet, findet sich heuer im zweiten Jahr nach dem Einstieg auf Rang 23 in der S.Pellegrino World’s 50 Best-Restaurants-Liste und ist für knappe acht Monate im Voraus reserviert. "Das ist wie eine positive Spirale. Diesen Erfolg kann man nicht planen."
Aber der beginnt eigentlich erst so richtig, als…
Fotos: www.berndgrundmann.com, Véronique Hoegger
Das Ziel war ein ganz anderes. Nämlich das Überleben. Dass Andreas Caminada nur acht Jahre nach der Eröffnung des Schloss Schauenstein zur Weltelite der Gourmetküche zählen wird, stand 2003 definitiv nicht in seinem Konzept. Als er mit seiner damaligen Partnerin die Pacht des 750 Jahre alten renovierten Schlosses unterhalb des Piz Beverin in der Nähe von Chur übernimmt, sind seine Vorstellungen ähnlich hoch angesetzt, wie die Anzahl seiner gesamten Mitarbeiter. Die beträgt damals gerade vier – für das Restaurant und das angeschlossene Hotel mit sechs Zimmern. "Einen Michelin-Stern und 17 Punkte, das habe ich mir vorstellen können. Aber eigentlich war das Ziel, dass ich positiv bilanziere und dem Gast ein besonderes Gesamterlebnis bieten kann." Dieses Erlebnis ist mittlerweile mit drei Michelin-Sternen und 19 Punkten im Gault Millau bewertet, findet sich heuer im zweiten Jahr nach dem Einstieg auf Rang 23 in der S.Pellegrino World’s 50 Best-Restaurants-Liste und ist für knappe acht Monate im Voraus reserviert. "Das ist wie eine positive Spirale. Diesen Erfolg kann man nicht planen."
Aber der beginnt eigentlich erst so richtig, als Caminada eine neue Geschirrlinie für das Restaurant bestellt. Direkt von Claus-Peter Lumpp aus dem Hotel Bareiss, kocht der heute 33-jährige Graubündner zuerst Lumpps mediterrane Küche. Durch das neue Geschirr ist Caminada allerdings gezwungen, die Portionen zu verkleinern. Der Startschuss für seine filigrane, regional betonte Küche, die heute in diversen Schälchen, Gläsern und Tellerchen serviert wird. Grafisch exakt angerichtet, komprimiert Caminada die Grundessenz eines Produktes auf das geschmackliche Maximum, verwandelt es dabei, ohne das Eigenaroma zu verfälschen. "Meine Küche ist eigentlich eine sehr einfache, eine sehr reduzierte. Bei mir passiert viel im Unterbewussten, da schreit nichts am Teller."
Zurückhaltung ist aber auch nicht Caminadas Stil, denn der Schüler von Beat Bolliger und Hans-Peter Hussong ist gerade für die Klarheit und Intensität seiner Gerichte bekannt, bei denen die Hauptkomponente von wenigen anderen Produkten umschmeichelt und hervorgehoben wird. "Den entscheidenden Unterschied macht vielleicht die Vielfältigkeit in meinen Gerichten aus, die ich meistens auf ein Thema beziehe."
Diese neue Struktur in seiner Küche bringt die Top-Bewertungen, der Guide Michelin vergleicht Caminada 2010, kurz vor dem Erhalt seines dritten Sterns, bereits mit Jean-Georges Klein aus dem Restaurant L’Arnsbourg. Caminada festigt seinen Stil und seine kulinarische Handschrift kommt immer deutlicher zum Tragen. "Eine Linie muss sich entwickeln, das ist ein Prozess. Dabei ist aber wichtig, sich treu zu bleiben, egal welcher Tendenz man gerade folgt."
Caminadas Gerichte entstehen nach einem Puzzleprinzip, ein Mind-Mapping-System. Dabei kommt es auch vor, dass Ideen über einige Zeit hinweg immer weiter perfektioniert werden. So wie eines der neuesten Signature-Gerichte von Caminada, die Languste mit Limone. "Bereits vor vier Jahren habe ich damit experimentiert, doch da waren noch zu viele Komponenten auf dem Teller. Jetzt erst habe ich das Geschmacksbild, das ich in meinem Kopf hatte, umsetzen können." Inspirieren lässt sich Caminada, der sich weder als Künstler noch als Geschäftsmann sieht, sondern schlicht als Koch, auch von Oper und Architektur. Für Letztere beweist er bei der Innenausstattung des Schloss Schauenstein ein gutes Gespür, hat er doch alle sechs Zimmer, die Lounge und das Restaurant selbst eingerichtet.
Caminada gehört mit seiner Bodenständigkeit, der Suche nach Innovation und seiner ungeheuren Kreativität zu der Handvoll junger Spitzenköche, die gerade im Begriff sind, das starre Bild der Spitzengastronomie zu sprengen. Der Zugang ist kein perfektionistisch französischer mehr, sondern ein weltoffener. Was sich auf seinen Tellern präsentiert, spiegelt sich deswegen auch in seiner Teamführung wider. "Die Freude, die ich an meinem Beruf habe, die zeigt sich auch in unserer Unternehmungskultur. In der Generation vor mir war es noch üblich, unter Druck laut zu werden. Der Druck ist zwar derselbe geblieben, aber jetzt darf man dabei auch Spaß haben." Und den haben mittlerweile 23 Mitarbeiter, sieben davon jeweils in der Küche und im Service, die anderen in den restlichen Positionen wie Administration.
CH-7414 Fürstenau
Tel.: +41 (0) 81/632 10 80
Caminada hat in den letzten acht Jahren erreicht, wovon andere nur träumen können. Höchstnoten in allen Führern, die Auslastung von Restaurant und Hotel beträgt 100 Prozent, wobei ein Gast im Schnitt dabei 250 bis 360 Euro für das Essen und zusätzlich 200 Euro für das Zimmer zahlt. Aber Caminada bleibt nicht stehen. Sein neuestes Projekt eröffnet im Dezember: eine Lounge in der gegenüberliegenden Remise. "Mal sehen, wie das laufen wird. Aber wer steht, kommt nicht weiter."