Sühring-Zwillinge: One Night in Bangkok
Beim erstmaligen Besuch des Restaurants Sühring fühlt man sich ein wenig, als würde man ein elegantes Privathaus betreten. Die Stimmung in der ehemaligen Villa in einem Bangkoker Residenzviertel ist gepflegt und entspannt, der Empfang herzlich. Hinter einem gläsernen Anbau öffnet sich ein üppiger tropischer Garten. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren. Von einigen Tischen aus blickt man dank einer offenen Schauküche den namensgebenden Küchenchefs und Zwillingsbrüdern mitsamt ihrem Team beim Arbeiten über die Schulter.
Bei Erhalt der Speisekarte stockt man dann ein wenig. Darauf stehen nämlich Klassiker der deutschen Küche, die man in einem 2-Sterne-Lokal eher nicht erwartet hätte. Und in Bangkok schon gar nicht. Bretzel mit Obazda findet sich da genauso wie Currywurst, Fischbrötchen, Brotzeit, Frankfurter Grüne Sauce, hausgemachte Spätzle und zum Nachtisch Rote Grütze. Wirtshausküche in Bangkok „Wir haben unser gesamtes Berufsleben in französischen, italienischen oder internationalen Restaurants gearbeitet und uns gedacht: Wieso sollten wir es nicht einmal mit deutscher Küche probieren?“, sagt Thomas Sühring, der (wenige Minuten) ältere der Zwillingsbrüder, die im April 1977 in Berlin-Friedrichshain auf die Welt kamen.
Beim erstmaligen Besuch des Restaurants Sühring fühlt man sich ein wenig, als würde man ein elegantes Privathaus betreten. Die Stimmung in der ehemaligen Villa in einem Bangkoker Residenzviertel ist gepflegt und entspannt, der Empfang herzlich. Hinter einem gläsernen Anbau öffnet sich ein üppiger tropischer Garten. Die Klimaanlage läuft auf Hochtouren. Von einigen Tischen aus blickt man dank einer offenen Schauküche den namensgebenden Küchenchefs und Zwillingsbrüdern mitsamt ihrem Team beim Arbeiten über die Schulter.
Bei Erhalt der Speisekarte stockt man dann ein wenig. Darauf stehen nämlich Klassiker der deutschen Küche, die man in einem 2-Sterne-Lokal eher nicht erwartet hätte. Und in Bangkok schon gar nicht. Bretzel mit Obazda findet sich da genauso wie Currywurst, Fischbrötchen, Brotzeit, Frankfurter Grüne Sauce, hausgemachte Spätzle und zum Nachtisch Rote Grütze. Wirtshausküche in Bangkok „Wir haben unser gesamtes Berufsleben in französischen, italienischen oder internationalen Restaurants gearbeitet und uns gedacht: Wieso sollten wir es nicht einmal mit deutscher Küche probieren?“, sagt Thomas Sühring, der (wenige Minuten) ältere der Zwillingsbrüder, die im April 1977 in Berlin-Friedrichshain auf die Welt kamen.
Zwei Sterne machen die Sache leichter.
Mathias Sühring über den Sternesegen
Bevor sie vor zwei Jahren ihr eigenes Lokal eröffneten, absolvierten sie ihre Ausbildung in Berlin und heuerten danach beim späteren Dreisterner Sven Elverfeld im Aqua in Wolfsburg an. Danach trennten sie sich vorübergehend. Während Thomas nach Rom übersiedelte, um im 3-Sterne-Restaurant La Pergola des deutschstämmigen Heinz Beck zu kochen, ging Mathias nach Holland ins gleichfalls mit drei Sternen ausgezeichnete De Librije von Jonnie Boer. 2008 bekam Thomas eine Stelle als Chefkoch in Bangkok angeboten und überzeugte Mathias, mit ihm zu gehen. Gemeinsam werkten sie in der Küche des Restaurants Mezzaluna, im 65. Stock des Luxushotels Lebua, in dem zu der Zeit auch noch Gaggan Anand angestellt war. Der Inder ist inzwischen zum Superstar der Bangkoker Fine-Dining-Szene avanciert, gleichzeitig stieß sein eigenes Restaurant namens Gaggan auf der einflussreichen Liste der besten Restaurants der Welt auf Platz vier vor. Zudem wurde es mehrere Jahre in Folge zum besten Restaurant Asiens gewählt und war das erste in der thailändischen Hauptstadt, das vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet wurde.
„Mit seiner Neuinterpretation der indischen Küche inspirierte uns Gaggan ungemein“, erzählt Mathias Sühring, „er machte uns vor, dass man auch Küchenstile wie den indischen oder den deutschen sehr wohl auf ein kreatives Spitzen-Niveau heben kann und die Gäste das auch annehmen.“ Mit ihrem eigenen Konzept überzeugten sie den ehemaligen Kollegen und machten ihn zu ihrem finanziellen Partner. „Zu Beginn waren wir uns natürlich gar nicht sicher, ob das Ganze überhaupt funktionieren würde“, sagt Mathias Sühring, „wir hatten ja keinerlei Anhaltspunkt dazu, wie so ein deutsches Restaurant aufgenommen würde, weil es das in diesem Stil bis dahin ja gar nicht gab.“
Sterne-Currywurst im Paradies
Außerdem gebe es zwischen thailändischer und deutscher Küche so gut wie überhaupt keine Überschneidungspunkte. Abgesehen davon, dass man in beiden Ländern und so wie in vielen anderen gerne Schweinernes und Hühnchen isst. Einig waren sich die Brüder allerdings, dass man es versuchen müsse. Und endlich einmal eine Küche anbieten sollte, zu der man, anders als etwa zur französischen oder italienischen, auch einen persönlichen Bezug habe. Die Bedenken der beiden waren ganz offensichtlich unbegründet. Denn bereits nach einem Jahr gab es den ersten Stern vom Guide Michelin.
Und im Vorjahr den zweiten, womit das Sühring gemeinsam mit dem Gaggan, dem Mezzaluna und dem französischen Le Normandie den exklusiven Kreis der Bangkoker 2-Sterne-Restaurants bildet. „Die zwei Sterne machen die Sache naturgemäß um einiges leichter“, sagt Mathias Sühring, „denn ausgerichtet hatten wir das Konzept so, dass wir vor allem bei Einheimischen, aber auch bei den vielen Deutschen, die hier leben, gut ankommen würden.“ Zu Beginn war das auch der Fall. Die überwiegende Mehrheit der Gäste setzte sich gleichermaßen aus alteingesessenen wie zugereisten Bangkokern zusammen. Doch dank dem Michelin und der internationalen Aufmerksamkeit kommen inzwischen auch viele Reisende und Touristen, um die originelle Küche der beiden zu erleben. Und das, obgleich das Menü namens Sühring Erlebnis mit 4400 Baht (122 Euro, Steuern und Trinkgeld exklusive) anschlägt, was alles andere als geschenkt ist in einer Stadt, in der ein ausgezeichnetes lokales Gericht bereits um zwei Euro erhältlich ist.
Gleichfalls geändert habe sich mittlerweile auch die Zusammenarbeit mit den Lieferanten. „Die Bangkoker Restaurantszene entwickelt sich rasant“, betont Thomas Sühring, „und mit ihr auch das Angebot der Zulieferer und Erzeuger. Man erhält immer mehr tolle Produkte aus Thailand, wie zum Beispiel Flusskrebse und ausgezeichnete Forellen sowie Bio-Gemüse aus dem kühleren Norden.“ Lediglich Lebensmittel wie Milchprodukte oder auch die Spezialmehle für die Brote müssten nach wie vor im Ausland gekauft werden. Dennoch konnte man den Anteil der Importware von circa 98 Prozent, zur Zeit der Eröffnung des Lokals, auf nur mehr 50 Prozent reduzieren, schätzt der Koch. Natürlich werden die Gerichte im Sühring nicht so präsentiert, wie man sich das anhand ihrer gleichsam vertrauten wie deftigen Bezeichnungen erwarten könnte. So kommt etwa die Currywurst als Mini-Portion in einem gestylten Schächtelchen mit kleiner Holzgabel daher.
Oder entpuppt sich die Frankfurter Grüne Sauce als blumiges essbares Kunstwerk und regelrechte Geschmacksexplosion. Und die Eisbeinsülze als gestyltes Sandwich zwischen zwei Scheiben von hauchdünnem und knusprigem Knäckebrot. Brot ist übrigens immer aus Sauerteig; und selbstverständlich hausgemacht, genau wie die Spätzle, aber auch die exzellente Leberwurst und sonstige Aufschnitte und Aufstriche, die zur sogenannten Brotzeit gereicht werden. Letztgenannte enthält zudem noch selbst geschlagene Butter, gepökelten Schinken, eingelegte saure Gurken und geräucherten Fisch.
Er machte uns vor, dass man auch Küchenstile wie den indischen oder den deutschen sehr wohl auf ein kreatives Spitzen-Niveau heben kann.
Mathias Sühring über seinen Mentor Gaggan Anand
Überhaupt ist die Brotzeit einer der Renner des Restaurants und wird vor allem von Thailändern gerne bestellt, weswegen sie auch von Anfang an und genau wie die Spätzle als eines der wenigen Gerichte im Sühring ständig angeboten wird. Dazu empfiehlt ein äußerst kompetenter französischer Sommelier Weine vorwiegend aus Deutschland, Österreich und dem Elsass. Diese sind zum großen Teil weitgehend naturbelassen. Weil sie so, wie die Brüder beteuern, ganz einfach besser zu ihrer Küche passten.
Fulminanter Aufstieg
In Thailand haben die Zwillinge inzwischen längst Fuß gefasst. Beide sind mit Thailänderinnen liiert beziehungsweise verheiratet. Neue Lokale sind einstweilen noch keine geplant, entwickeln will man sich aber dennoch. „Seit ein paar Wochen haben wir auch mittags offen“, erzählt Thomas Sühring, „bisher allerdings nur am Wochenende, bald möchten wir das auch unter der Woche tun, was nicht ganz so leicht ist, weil wir hier in einem Wohnviertel liegen, es kaum Büros gibt und unter der Woche mittags dementsprechend wenig los ist.“ Doch inzwischen kommen die Gäste ja extra angereist, um im Sühring zu essen und in den Genuss von Gerichten zu kommen, zu denen sich die beiden Berliner in erster Linie von ihrer Oma Christa haben inspirieren lassen. Sie lebt auf einem Bauernhof in der Lausitz, wo die beiden Enkel in ihrer Kindheit und während der Sommerferien viel Zeit verbrachten und der Dame beim Kochen, Brotbacken, Einkochen und Einmachen zusahen.
Zum Glück hat die Großmutter etliche Rezepte in einem Notizbuch niedergeschrieben. Heute benutzen die Enkel in Bangkok das Buch, das sie auch immer wieder gerne ihren Gästen zeigen. Und die sind in der überwiegenden Mehrheit durchaus zufrieden mit dem Gebotenen. Wie nicht zuletzt die zahlreichen Auszeichnungen und das ständig ausgebuchte Lokal belegen. Umso beeindruckender, dass die Kulinarik-Zwillinge den Sprung auf Platz 45 der World’s 50 Best Restaurants geschafft haben. Oma Christa hat also allen Grund, stolz zu sein.