Legende mit Power
Fotos: Wolfgang Hummer
Montagnachmittag vor dem Parkhotel Schönbrunn. Es hat minus vier Grad. Durch den Wind, der mit 30 km/h um die Ecken pfeift, ergibt sich bestimmt ein Chill-Faktor von minus 15 Grad und dementsprechend durchgefröstelt begegne ich der deutschen Herdlegende.
Guten Tag, Herr Winkler! Machen wir das Interview gleich hier im Café oder woanders?
Ehrlich gesagt hab ich heute schon genug vom Wiener Kellner-Schmäh. Grade vorhin hatten wir noch Glück und wurden mit „Na ausnahmsweise“ doch noch bedient. Da vorne ist mein Chauffeur. Wir quatschen einfach auf dem Weg zu meinem nächsten Termin, wenn es recht ist.
So ist das halt nun mal. Für unseren Charme sind wir Österreicher berühmt.
Stimmt. Da weiß man gleich, woran man ist.
Gratulation vorweg zur Auszeichnung für das Lebenswerk bei der LEADERS OF THE YEAR-Gala.
Danke. Eine tolle Veranstaltung. Perfekt moderiert von eurem Herausgeber Jürgen Pichler. Ein Conférencier durch und durch. Markus Lanz kann…
Fotos: Wolfgang Hummer
Montagnachmittag vor dem Parkhotel Schönbrunn. Es hat minus vier Grad. Durch den Wind, der mit 30 km/h um die Ecken pfeift, ergibt sich bestimmt ein Chill-Faktor von minus 15 Grad und dementsprechend durchgefröstelt begegne ich der deutschen Herdlegende.
Guten Tag, Herr Winkler! Machen wir das Interview gleich hier im Café oder woanders?
Ehrlich gesagt hab ich heute schon genug vom Wiener Kellner-Schmäh. Grade vorhin hatten wir noch Glück und wurden mit „Na ausnahmsweise“ doch noch bedient. Da vorne ist mein Chauffeur. Wir quatschen einfach auf dem Weg zu meinem nächsten Termin, wenn es recht ist.
So ist das halt nun mal. Für unseren Charme sind wir Österreicher berühmt.
Stimmt. Da weiß man gleich, woran man ist.
Gratulation vorweg zur Auszeichnung für das Lebenswerk bei der LEADERS OF THE YEAR-Gala.
Danke. Eine tolle Veranstaltung. Perfekt moderiert von eurem Herausgeber Jürgen Pichler. Ein Conférencier durch und durch. Markus Lanz kann da einpacken. Sämtliche Branchengrößen waren bei der Gala versammelt. Sind Sie derzeit eigentlich zufrieden mit der Gourmetszene in Deutschland? Es ist toll, dass die Jugend mit so einem Engagement bei der Sache ist. Eine Entwicklung, die es vor allem den jungen Chefs ermöglicht, sich selbst darzustellen.
Aber ist die Sterne-Gastronomie vor allem im 1- bis 2-Sternesegment nicht sehr austauschbar geworden?
Definitiv. Ich war kürzlich in einer Jury, wo junge Leute gekocht haben. Da hat nur ein Mädel brilliert, der Rest absolut gleich angerichtet und alle hatten mindestens acht Komponenten auf den Tellern. Pünktchen hier, Schäumchen da. Schade.
Heinz Winkler wird ganz unruhig, weil der Chauffeur beim Radio des eleganten Porsche Cayenne den Sender wechseln will.
Bitte lass den Sender. Da singt grad die junge Neuseeländerin.
Lorde mit „Royals“. Sie sind ja ein richtiger Musikexperte!
Na ja. So wie beim Kochen steh ich auch bei der Musik auf eine qualitativ hochwertige Bandbreite. Man kann doch nicht nur Reggae und Pop hören! Man braucht die gesamte Bandbreite und es ist toll, dass man auch in die Oper gehen kann! Eines ist sicher: Alles, was man noch nie gegessen hat, vermisst man auch nicht! Es ist immer eine Sache der Erfahrung.
Gehen Sie oft zu Kollegen essen?
Doch, doch. Jonnie Boer hat mir unlängst recht gut gefallen. Da stimmt sehr viel! Dann war ich auch bei der aktuellen Nummer eins der S.Pellegrino-Liste, den Roca-Brüdern. Nicht schlecht. Bis auf die Amuse-gueules war’s echt fein!
Was halten Sie eigentlich von der S.Pellegrino-Liste?
Es ist schon enorm, dass die sich so einen Namen gemacht haben. Der Zustrom im noma ist schon gigantisch. Keine Ahnung, ob das nur eine Riesen-Marketingmaschinerie ist. Funktioniert aber scheinbar ganz gut.
Immer wieder dirigiert Winkler seinen Chauffeur, der trotz Navi ab und an die falsche Abzweigung erwischt, durch Wiens Straßengewirr.
Was die aktuell bauen in Wien, ist auch nicht mehr normal. Da gibt der Wiener Bürgermeister anscheinend viel Geld aus. Der war früher übrigens bestimmt drei Mal im Jahr bei mir zu Gast.
Erst unlängst hat Häupl behauptet, es gebe in Österreich kein Budgetloch. Wie sieht es derzeit eigentlich, abgesehen vom Restaurant, bei Ihnen mit der Wirtschaftlichkeit aus? Ist die Residenz als Hotel auch gut ausgelastet?
Sagen wir es so: Es war definitiv schon mal besser. Es ist scheinbar wieder eine Zeit angebrochen, in der Sparen angesagt ist. Das merken wir natürlich auch in der Auslastung.
Wie planen Sie dann die Zukunft: Muss man an der Preisschraube drehen oder machen Sie business as usual?
Man bekommt ja nur mehr die Geiz-ist-geil-Slogans hineingedrückt. Es ist sicher nicht schlau, jede Strömung mitzumachen. Wir fahren unsere Linie weiter, denn ich bin mir sicher, dass sich die Zeiten auch wieder ändern.
Kurz blitzt der Stephansdom zwischen den Gassen auf und Winkler demonstriert fundiertes Geschichts-Know-how.
Die Anfänge des Doms gehen auf das Jahr 1137 zurück. Eine herrliche Kirche und es ist echt imposant, wie sich das Bauwerk charmant ins Stadtbild einpasst.
Ein äußerst erfolgreicher Charmbolzen ist ja auch Ihr ehemaliger Maître Fabrice Kieffer, der auch mit dem LEADERS OF THE YEAR-Award ausgezeichnet wurde. Haben Sie ein Händchen für herausragende Talente?
Ich denke schon. Erst bei der Gala in München habe ich ihm noch mit einem Augenzwinkern gesagt: Bevor du zu mir gekommen bist, hat dich keine Sau gekannt. Es waren 17 fantastische Jahre. Jetzt weiß er selbst, dass man als Chef eigentlich am meisten arbeiten muss. Er hat aber schon seinen ersten Michelin-Stern geholt.
Nach all den Jahren: Wie ist denn nun Ihre Meinung zum Guide Michelin?
Heinz Winkler pausiert sehr lang.
Manchmal hat man eben das Glück, dass Tester da sind, wenn man grade gut drauf ist. Manchmal nicht. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Internationale Restaurants wie etwa in Japan scheinen doch um einiges leichter Sterne zu bekommen. Ist das nicht auf eine gewisse Art und Weise ungerecht?
Das dürfen Sie sagen.
Und warum Sie nicht?
Ich kann da schlecht etwas hinzufügen.
Also muss man dieses Bewertungssystem so hinnehmen, wie es ist, nimmt gnädig die guten Bewertungen an und falls man in die Missgunst fällt, kann man eh nichts machen?
Genau so ist es.
Gibt es noch Ziele?
Das ist eigentlich das Schlimmste, wenn man eh schon alles erreicht hat, was man sich als kleiner Rabauke nie zu träumen gewagt hätte, aber den dritten Stern würden wir uns schon gerne wieder nach Hause holen.