München Hardcore

Das bayrische Enfant terrible Bernd Arold serviert im Gesellschaftsraum extrem krasse Gerichte und rockt mit Punk-Musik und Perfektion die Küche.
November 13, 2015

Fotos: Werner Krug
Das bayrische Enfant terrible Bernd Arold

Ein großer Totenkopf in einem Restaurant kann mitunter Skepsis hervorrufen. Zudem pfeift einem ein „teuflisches Lardokücken auf Johannispfeffer und Wasabi-Zwetschgen Datschi“ um die Ohren und das „adlige Spanferkel auf Stachelbohnen und Ratatouillelasagne“ spielt währenddessen im Takt zu Hatebreed alle Stückerln. Und wenn der Küchenchef mit tiefsitzender Jeans und tätowiertem Ärmel daherkommt, ist das Ensemble komplett. Willkommen in Münchens Hardcore-Schuppen, ein zünftiges „Griaß Di“ zum Willkürbiercorecooking.

Im Intellektuellen-Viertel von München, in Maxvorstadt, finden sich an sechs Abenden in der Woche Banker, Punks und Gourmets zu den Happenings dieser Art ein. Die Location: der Gesellschaftsraum von Bernd Arold. Maori-Symbole, das Logo der einstürzenden Neubauten und zwei rote Blumenblüten in die Haut geritzt und einem Grinser, der Michel aus Lönneberga Konkurrenz macht. So steht der 37-Jährige hinter dem Herd seines Restaurants in der Augustenstraße. Seine Crew ist vom gleichen Schlag. Durchgeknallte Draufgänger…

Fotos: Werner Krug
Das bayrische Enfant terrible Bernd Arold

Ein großer Totenkopf in einem Restaurant kann mitunter Skepsis hervorrufen. Zudem pfeift einem ein „teuflisches Lardokücken auf Johannispfeffer und Wasabi-Zwetschgen Datschi“ um die Ohren und das „adlige Spanferkel auf Stachelbohnen und Ratatouillelasagne“ spielt währenddessen im Takt zu Hatebreed alle Stückerln. Und wenn der Küchenchef mit tiefsitzender Jeans und tätowiertem Ärmel daherkommt, ist das Ensemble komplett. Willkommen in Münchens Hardcore-Schuppen, ein zünftiges „Griaß Di“ zum Willkürbiercorecooking.

Im Intellektuellen-Viertel von München, in Maxvorstadt, finden sich an sechs Abenden in der Woche Banker, Punks und Gourmets zu den Happenings dieser Art ein. Die Location: der Gesellschaftsraum von Bernd Arold. Maori-Symbole, das Logo der einstürzenden Neubauten und zwei rote Blumenblüten in die Haut geritzt und einem Grinser, der Michel aus Lönneberga Konkurrenz macht. So steht der 37-Jährige hinter dem Herd seines Restaurants in der Augustenstraße. Seine Crew ist vom gleichen Schlag. Durchgeknallte Draufgänger, die das machen, was Spaß ist: richtig geil kochen.

Vom Punk zum Koch

Kreativität ist der Nenner.

Seine Mama hatte die Idee und Bernd Arold fand’s gut. Der Punk klemmte sich Kochlöffel unter die Arme und schwang diese erstmals in seinem Lehrbetrieb, dem Backöfele in Würzburg. Und weil Arold nichts macht, wovon er nicht zu 100 Prozent überzeugt ist, kniete er sich mächtig rein. Mit Erfolg: Vorher bei Käfer in München und den Schweizer Stuben in Bettingen, gelangte er zu Stefan Marquards 3 Stuben in Meersburg. Der nicht nur äußerlich gleich tickt und die bis heute eine Freundschaft verbindet. Noch ein Sprung ins Münchner Restaurant Lenbach und ins essneun in München. Und schon (seit 2008) stehen wir in der Augustenstraße und rufen:

Hardcore for Life!

Aber Tattoo oder mächtiges Haupthaar sind keine Einstellungs-Kriterien. Das ist eher natürliche Auslese. „Wir haben eine kleine Küche und bei uns läuft ständig richtig Punkrock aus dem Lautsprecher. Dann reden wir dauernd über die neuesten Konzerte und besten Tattookünstler. Und das gefällt eben nicht allen.“

Wer nun aber Biertische und ein mit Plastiktischtüchern gedecktes und trashiges Studentenlokal erwartet, der irrt gewaltig. Weißes Porzellan, Leinenservietten und minimalistisch-schräger Purismus, gemixt mit Originalmöbeln aus den 70er-Jahren, dominieren.

„Ich bin immer meinem Motto treu geblieben: ‚Hardcore for life‘.“

 

Der gewollte Stilbruch: Harte Jungs, cooles Design und filigrane Handwerkskunst auf dem Teller. Hardcore-Philosophie auf Münchnerisch. Denn schließlich möchte Arold auch von dem leben, was am meisten Spaß macht. Und das ist eben Kochen.

In Schönheit sterben, davon hat niemand etwas. Weder er noch die Münchner. „In Berlin wären wir ein schickes Restaurant. Hier in München gelten wir eher als urban-schräg.“ Was auch damit zusammenhängt, dass Arold 2008 einfach nicht so viel Kohle hatte, um das Restaurant nach den inoffiziellen Statuten der Münchner High Society auszustaffieren. Außerdem wollte er wohl auch nicht.

Gesellschaftsraum

Denn Arold hält nichts von einer klaren Gäste-Zielgruppe für den Gesellschaftsraum – schließlich ist er nach dem Konzept der offenen Gemeinschaftsräume der Bauhaus-Architektur um die Jahrhundertwende 1900 benannt mit der Idee, dass alle Schichten und Altersgruppen sich wohlfühlen. Revolutionär oder konservativ? Dieses Schubladendenken gibt es bei Arold nicht.

„Der Gesellschaftsraum war als Keimzelle der gesellschaftlichen Solidarisierung auch außerhalb der bürgerlichen Familie gedacht und so ist meiner auch konzipiert. Dadurch liegen wir preislich günstiger und kalkulieren hart.“ So kostet ein 4-Gänge-Menü inklusive Weinbegleitung 98 Euro, das 3-Gänge-Menü ist bereits ab 49 Euro zu bekommen.

Willkür vs. durchdachtes Konzept

Wer aber glaubt, das Restaurant sei weder Fleisch noch Fisch, irrt erneut – es ist nämlich beides. Wie bei „Caipi-Schwertfisch mit Ochsenbacke auf Kirsch Kohlrabi“. Denn das ist ein Tick Arolds: Fleisch und Fisch gehören bei ihm auf einen Teller. Einmal überwiegt das eine, einmal das andere.

Willkürbiercorecooking

Dass man das angeblich nicht macht, ist Arold egal. Er vermischt, was ihm gefällt: „Es gibt einen irren Effekt, wenn man einen zarten Fisch mit einem schön geschmorten und in Rum eingelegten Kaninchen kombiniert.“ Dominante Gewürze wie Ingwer, Lavendel oder Szechuan stehen in seiner Küche in erster Reihe, fruchtigen Aromen hat er sich auch verschrieben.

Ein Produkt erster Wahl hat der gebürtige Rüdesheimer aber nicht. „Bei mir ist das saisonabhängig. Ich hatte gerade eine Phase, in der ich überall Kümmel verwendete. Tonkabohne finde ich auch klasse, mit Naturlakritze experimentiere ich gerade.“ Und einschränken lässt er sich schon gar nicht: „So multikulturell ich das Restaurant halten möchte, so variantenreich soll auch die Karte sein. Wenn ein richtig geiles Produkt aus der Region kommt, toll. Wenn nicht, dann eben nicht.“

„Revolutionär oder Konservativ? Dieses Schubladendenken gibt es bei mir nicht.“

 

Aber was ist jetzt dieses Willkürbiercorecooking? „Das soll jeder für sich selbst herausfinden“, so die Antwort Arolds auf die wohl am öftesten gestellte Frage. Und: „Es ist positive Willkür. Probiere dich aus und achte nicht auf Regeln.“ Vielleicht ist es auch, dass sich Gnocchi im Gesellschaftsraum in Form von Spaghetti tarnen. Oder dass sich die Karte jeden Tag ändert und das verkocht wird, was gerade vom Händler geliefert wird, und wenn es nur vier Top-Schweinsbackerln sind.

„Damit schaffen wir es, 100 Prozent der Waren zu verwerten und außerdem haben wir nur eine sehr kleine Kühlmöglichkeit.“ Da müssen Produkte eben schnell raus – denn Punk-Image hin oder her: Spitzen-Qualität muss sein. Und da kommt es auch vor, dass Benni, der Chef-Saucier, auf dem Weg zur Arbeit beim Türken etwas gefunden hat, das ins Konzept passt, und gleich mitnimmt.

die Jungs aus dem Gesellschaftsraum in München

>> Kontakt

Gesellschaftsraum

Augustenstraße 7

D-80333 München

Tel.: +49 (0) 89/55 07 77 93

info@der-gesellschaftsraum.de

www.der-gesellschaftsraum.de

„Weil wir klein sind, haben wir die Chance, uns jeden Tag neu zu entdecken und etwas Neues zu schaffen.“ Zum Beispiel was mit Lindenblüten. Deren Geruch hat Arold gefesselt und jetzt sind sie als „Linden-Panna-Cotta mit Karamalz-Kirsche und Hopfen-Zitronengras-Eis“ auf der Karte.

Ambitionen in die Sternerichtung zeigt Arold nur bedingt. „Ja, klar. Jeder wäre wahrscheinlich darüber glücklich – am Anfang. Aber dann ändert sich das Publikum und Kleinigkeiten werden wahnsinnig wichtig. Ich will, dass unsere Gäste Spaß haben. Ich brauche keine Nörgler im Restaurant.“

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